Was ist Ableismus ?

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Was ist Ableismus ?

Ableismus ist ein System von Überzeugungen und Praktiken, das bestimmte Körper und Denkweisen über andere stellt. Es geht davon aus, dass es eine “normale“ Art zu denken, zu leben oder sich zu verhalten gibt — dass Nichtbehindert- oder Neurotypisch-Sein die Norm und somit überlegen ist. Alles Abweichende wird als Problem gesehen, das “behoben“ werden muss. Menschen, die von dieser Norm abweichen, gelten oft als weniger fähig.

Ableismus zeigt sich vielfältig: durch unzugängliche Gebäude, Benachteiligung in Schule oder Beruf, die Abwertung anderer Verhaltensweisen, Kommunikations- oder Lernstile sowie durch Vorurteile – etwa, dass neurodivergente oder behinderte Menschen weniger leisten könnten. Er ist auch systemisch, da politische und gesellschaftliche Strukturen oft Nichtbehinderte und Neurotypische bevorzugen.

Ableismus entsteht nicht immer aus böser Absicht. Wenn man etwa für eine behinderte oder neurodivergente Person etwas übernimmt, statt das Umfeld so zu gestalten, dass sie es selbst tun kann, wirkt das wohlwollend, beruht aber auf der Annahme, sie sei weniger fähig. Diese Annahme mag in Gesellschaften, die nur eine bestimmte Funktionsweise berücksichtigen, wahr erscheinen, muss es aber nicht sein – insbesondere nicht in inklusiven Gesellschaften, die alle Menschen mitdenken. Auch gut gemeinte Handlungen können ableistisch sein. Deshalb ist es wichtig, falsche Vorstellungen über neurodivergentes Denken und Behinderung zu korrigieren. Der erste Schritt ist der Aufbau inklusiver Gesellschaften, in denen alle Menschen aufblühen können und so schädliche Stereotype widerlegt werden.

 

Wie betrifft Ableismus neurodivergente Menschen?

Neurodivergente Menschen werden oft als „abnormal“ dargestellt oder auf ihre Diagnose reduziert – als wären sie “kaputt“ oder müssten “repariert“ werden. Für Menschen mit Autismus, ADHS oder Lernunterschieden äußert sich Ableismus oft durch fehlende Aufklärung, Ausgrenzung oder den Druck, sich der Norm anzupassen.

Ableismus kann direkt auftreten – etwa durch Ausschluss aus Schule oder Beruf – oder subtil, z. B. durch geringe Erwartungen, ablehnende Haltungen oder Systeme, die nur auf eine Denkweise ausgelegt sind. Im Alltag wird erwartet, dass neurodivergente Menschen ihre natürlichen Merkmale verbergen. Sie werden oft benachteiligt, weil sie anders denken, kommunizieren oder sich verhalten. Häufig wird ihnen gesagt, sie müssten sich nur mehr anstrengen, statt ihnen Anpassungen anzubieten, mit denen sie ihr Potenzial entfalten könnten. Dieser Druck führt häufig zu Erschöpfung, Scham, Isolation oder dem Gefühl, Teile der eigenen Identität verstecken zu müssen – mit negativen Folgen für die psychische und körperliche Gesundheit.

Ableismus zu hinterfragen heißt, anzuerkennen, dass es nicht nur einen “richtigen“ Weg gibt, Mensch zu sein. Es bedeutet, neurodivergenten Stimmen zuzuhören und Gemeinschaften zu schaffen, in denen alle Denkweisen aufblühen können. Unterschiede in der Art, wie wir die Welt erleben, sind keine Schwäche, sondern eine Stärke.

Über den Autor: Mariam Prato

Mariam Prato studiert Psychologie an der Universität Basel.

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